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VI./4.5.: Therapie
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Behandlung der Gehirnmetastasen ist identisch mit der Behandlung der primären Gehirngeschwülste. Primär, da es die Mehrheit der Symptome verursacht, ist die Größenreduzierung des vasogenen, perifokalen Ödems mit Hilfe der Verwendung von Steroid, intravenösem Dexamethason oder oralem Methylprednisolon. Auf Wirkung der Therapie werden anfangs Herdsymptome und Beschwerden in relativ großem Maße gelindert. Bei Druckerhöhung des Schädelraums kann folgende Therapie mit Schleifendiuretikum bzw. wenn nichts anderes übrigbleibt, mit dem früher oft verwandten Glyzerin oder Mannitol ergänzt werden. Antiepileptikum wird bei epileptischem Anfall des Kranken eingesetzt. Einsetzen des prophylaktischen Antiepileptikums ist routinemäßig nicht nötig, Neurochirurgen geben solches Medikament oft im Hinblick auf die erhöhten Risiken der perioperativen Periode.
An der komplexen Behandlung nehmen auch Onkologe, Neurochirurg, Radiologe, Facharzt der Grundkrankheit teil.
Behandlung der zerebralen Manifestation hängt außer Eigenschaften, Anzahl und Schwere der Symptome der Gehirnmetastase von Grundkrankheiten, onkologischem Status (Dissemination der Geschwulst), primärem Tumor (und dessen Histologie) und Reaktion auf die systematische Behandlung ab. Bei chirurgischer Behandlung wird ein 4-6 Monate langes Überleben mit guter Lebensqualität bei Untersuchung vor Operation erwartet.
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Chirurgische Behandlung mit offener Operation, Entfernung der Metastase ist begründet, wenn durch MR-Untersuchung eine solitäre, > 3cm große Läsion auf nicht eloquentem Bereich des Gehirns bei versorgter, und in Grenzen gehaltener tumoröser Grundkrankheit nachgewiesen wird. Vorausgesetzt, dass der Kranke ambulant, zur Selbstversorgung und sogar leichten Arbeit fähig ist; dieser Zustand wird durch den Karnofsky-Index >70 beschrieben (Karnofsky-Index ist ein den Allgemeinzustand beschreibender Index von 0-100% nach international akzeptiertem einheitlichem System). Auch könnte eine operative Indikation sein, wenn neben einer größeren, symptomverursachenden Läsion mehrere kleine Metastasen vorkommen, dann wird ein Tumor größeren Maßes gewöhnlich operiert, während mehrere kleine Läsionen mit strahlenchirurgischer Methode behandelt werden.
Mit der strahlenchirurgischen Methode wurden mehrere der früher für inoperabel gehaltenen zerebralen Metastasen behandelbar. Mit Verwendung der strahlenchirurgischen Methode, des Gammamessers wird im Zentrum des sogar tief liegenden tumorösen Bereichs eine Gammastrahlung großer Stärke (20-25Gy) so fokussiert, dass das umliegende, intakte Hirngewebe nur minimale Strahlenbelastung erhält. Der Eingriff wird in diesem Fall mit MR-Untersuchung gefolgt. Sind die Metastasen kleiner als 3 cm, so werden auf einmal höchstens 4 Läsionen behandelt (8).
Die Ganzgehirn-Strahlentherapie oder WBRT (Whole Brain Radiation Therapy) war lange die einzig wählbare Methode, besonders bei Behandlung von Kranken mit multiplexen Gehirnmetastase, Rezidivtumor oder im schweren Zustand (10). Effektivität der Behandlung wird außer der Anzahl der Läsionen durch Radiosensitivität der Tumoren bestimmt: nach Empfindlichkeit ist sie wirksam bei kleinzelligem Lungenkarzinom und keimzelligen Geschwülsten (9), aber z. B. malignes Melanom und nierenursprüngliche Geschwülste reagieren nicht auf die Behandlung. Der Eingriff ist begleitet mit bedeutenden allgemeinen Nebenwirkungen bzw. mit ausgedehnten, zerebralen, meistens infolge der Strahlennekrose in der weißen Substanz auftretenden, auf schwere Enzephalopathie erinnernden Symptomen, sogar Demenz. Die Behandlung lässt sich mit aller anderen chirurgischen (Operation oder Strahlenchirurgie) Methode kombinieren, die Behandlungsstrategie ist größtenteils individuell. Wirksamkeit der mit strahlenchirurgischer Methode kombinierten Strahlentherapie erreicht fast die Wirksamkeit der Operation und Strahlentherapie.
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Generell lässt sich sagen, dass Hirnmetastasen auf Chemotherapie-Behandlung auch dann nicht gut reagieren, wenn bei dem primären Tumor wirksame Chemotherapie möglich ist. Das lässt sich mit Aufbau und Funktion vom Blut-Hirn-Schranke erklären. Das lipidlösliche Temozolomid wurde bei Metastase des Brustkarzinoms mit guter Effektivität verwendet, Fotemustin bei mehreren zerebralen Metastasen zu verwenden wird auch versucht. Kombination von Chemotherapie und Bestrahlung ist auch eine mögliche Behandlungsstrategie.
Befolgung des mit zerebraler Metastase diagnostizierten und behandelten Kranken, regelmäßige Kontrolluntersuchungen, bildgebende Verfahren und Laborergebnisse sind wichtig. Neben der Grundkrankheit und den durch Hirnmetastase verursachten Symptomen müssen auch das mögliche, durch die Behandlung verursachte Beschädigungen (Polyneuropathie, Strahlennekrose, allgemeine Symptome und Beschwerden) beachtet und möglichst behandelt werden. Bei komplexer Behandlung des Kranken ist die Zusammenarbeit der in mehreren Spezialitäten arbeitenden Ärzte unentbehrlich.
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