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VII./4.1.: Epidemiologie, Ätiologie
Die Meningeome sind die häufigsten Geschwülste des zentralen Nervensystems, machen 13-26% (in der Kindheit 4,3%, im Erwachsenenalter 30%, im älteren Alter 40%) der primären intrakraniellen Geschwülste aus. Sie gehören zu den Geschwülsten Gruppe mit heterogener Histologie, mit zahlreichen pathologischen Untertypen in der WHO Grade I-Gruppe, die die Prognose jedoch nicht beeinflussen. WHO grade II-Meningeome werden atypische Meningeome genannt, während die WHO grade III-Meningeome malignant sind (anaplastisch).
Die epidemiologischen Angaben werden dadurch noch komplizierter, dass sie oft zufällig mit bildgebenden Verfahren erkannt werden oder während Autopsie (Inzidentalom), ihr Vorkommen wurde sogar für 2,8% bei Frauen gefunden. Interessant ist, dass die Meningeomen bei Frauen eindeutig häufiger sind (Weiblich:Männlich-Verhältnis 2:1), der größte Unterschied ist in der Altersgruppe der 35-44-Jährigen festzustellen, hier beträgt das Frau-Mann-Verhältnis 3.15:1. In einzelnen Untergruppen ist der Unterschied noch größer, so bei Meningeomen des thorakalen Wirbelsäulenabschnitts 9:1.
In den seltenen Fällen vor der Pubertät gibt es keinen Geschlechtsunterschied in der Häufigkeit, während bei atypischen und malignen Meningeomen (die 5% aller Meningeomen ausmachen) die Männer ein bisschen mehr betroffen sind. Mit der Erhöhung des Alters ist ihr Vorkommen eindeutig höher, am häufigsten im 6-7. Lebensjahrzehnt. Nach Angaben eines in den Vereinigten Staaten geführten Registers (Central Brain Tumor Registry of the United States) ist die Häufigkeit der Meningeome in den letzten Zeit stetig gewachsen ist, die Angaben könnten aber durch die bessere Genauigkeit der Datenlieferung bzw. Entwicklung des diagnostischen Instrumentariums verzerrt werden.
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Genetische Faktoren. Obwohl 95% der Meningeome benigne Geschwülste sind, ist ihr klonaler Ursprung nach ihrer genetischen Analyse bestätigt, das heisst, die Geschwülste stammen aus einer einzigen Zelle. Die zur Geschwulstquelle dienenden Zellen sind die sog. arachnoidalen Mützen(cap)zellen, die in der Spitze der arachnoidalen Granulationen befindliche, metabolisch ziemlich aktive, an der Liquorabsorption teilnehmende Zellen sind. Bei sporadischen Meningeomen sind die Kromosomanomalien häufig, so lässt sich im ein Drittel der Fälle die Deletion des NF2 (Merlin)-Locus des 22. Kromosoms detektieren, außerdem sind noch die 14q-, 1p-, 6q- und 18q- Deletionen auch bekannt. Bei familiären Tumorsyndromen (Gorlin,Cowden,Li-Fraumeni,Turcot, von Hippel-Lindau) kommen Meningeome auch vor.
Neurofibromatose und die Meningeom. Die Neurofibromatose Typ 2 (NF2) ist dominanter Vererbung, für mehrfache Tumorentwicklung disponierendes Syndrom. Der Grund dafür ist die Inaktivation des NF2-Tumorsupressorgens wegen Mutationen auf dem q12- Locus des 22. Chromosoms. Die NF2 ist eine seltene Krankheit, die Inzidenz beträgt 1/33,000. Mehrfache gutartige Geschwülste sind oft bei NF2-Kranken nachzuweisen, so wie Schwannome, Meningeome und Ependymome. Bei Hälfte der Kranken gibt es keine familiäre Kumulation, Mutationen des NF2-Gens sind nachweisbar. Bei beidseitigem akustischem Schwannom ist an NF2 zu denken, die bei Hälfte der Kranken nachzuweisen ist, während spinale Geschwülste in 90% anwesend sind. Bei Hälfte der NF2-Kranken entwickeln sich Meningeome, bei Kindheitsfällen in 83%.
Risikofaktoren. Unter den Risikofaktoren ist die Rolle der ionisierenden Strahlung eindeutig. Unter den japanischen Überlebenden des Atombombenangriff auf Hiroshima ist das Vorkommen der Meningeome erheblich gestiegen, aber auch die risikosteigernde Rolle der niedrigeren Strahlendosen ist akzeptiert. Bei den in Israel zwischen 1948 und 1960 wegen Tinea capitis bestrahlten Kranken ist das Meningeomrisiko auf das 10fache gestiegen bzw. die risikoerhöhende Wirkung des kompletten Zahnröntgens und der Einstrahlung der intrakraniellen Geschwülste ist auch bekannt. Die Rolle der elektromagnetischen Wirkung wurde mit dem Mobiltelefongebrauch interessant, aber die derzeitigen Untersuchungen haben keine risikoerhöhende Wirkung bestätigt. Dabei sei anzumerken, dass es für die ionisierende Strahlung bekannt ist, dass die Latenz der Entwicklung der Meningeome zwischen 17-36 Jahren liegt, so in Bezug auf den Mobiltelefongebrauch noch keine interpretierbaren Ergebnisse erwartet werden können.
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Aufgrund der eindeutigen weiblichen Überzahl ist die Rolle der hormonalen Risikofaktoren bestätigt. Im großen Teil der Meningeome sind Östrogen- und Progesteronrezeptoren nachweisbar bzw. das wachstum des Meningeoms wurde in der Schwangerschaft bzw. der luteralen Phase des Menstruationszyklus in einigen Fällen dokumentiert. Epidemiologische Angaben deuten darauf hin, dass die Hormonersatztherapie bzw. Einnahme oraler Antikonzipienten das Meningeomrisiko erhöht bzw. auch bei Brustkrebskranken häufiger sind.
Nach traditioneller Ansicht erhöht das Schädeltrauma das Meningeomrisiko, obwohl es eher nach Untersuchungen, Fallreporten in kleiner Fallanzahl behauptet werden kann, wo Meningeom auf der Linie eines früheren Schädelbruchs beobachtet wurde. Bei Untersuchungen in großer Krankenzahl wurde kein Zusammenhang zwischen dem Kopftrauma und den Meningeomen bestätigt.
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