I./2.4.: Weitere Fehlbildungen der Niere

 

I./2.4.: Weitere Fehlbildungen der Niere

I./2.4.1.: Agenesia renis

összegzés

Eine Nierenagenese bedeutet, dass die Nierenanlage bei der Embryogenese vollständig fehlt. Bei einer beidseitiger Nierenagenese kommt es wegen dem Fehlen der Nierenfunktion zum Oligohydramnion. Vor der Geburt wird das Blut des Embryos über das der Mutter entgiftet, bei unkontrollierten Schwangerschaften oder bei unbemerkt gebliebenen Fällen bildet sich dann kurz nach der Geburt sehr schnell eine Urämie (uraemia), die das Neugeborene nicht überlebt. Wird diese, mit dem Leben nicht zu vereinbarende Fehlbildung noch während der Schwangerschaft, bei einer Ultraschalluntersuchung des Babys, bemerkt, so muss die Schwangerschaft unterbrochen werden. Eine einseitige Nierenagenese führt nicht zu Störungen der Nierenfunktionswerte, weil der Ausfall einer Niere durch eine kompensatorische Überfunktion der anderen Niere (hypertrophia compensatorica seu vicarians) fähig ist, die ausgefallene zu ersetzen.

I./2.4.2.: Hypoplasia renis

Die Niere ist wegen einer Fehlbildung um einiges kleiner, als sie - dem jeweiligen Lebensalter entsprechend - sein sollte. Im Allgemeinen ist diese Fehlbildung einseitig, und die zweite Niere reagiert dem entsprechend mit einer kompensatorischen Hypertrophie. Eine Nierenhypoplasie kann von einer sekundären Atrophie (atrophia renis) einer normal angelegten Niere so unterschieden werden, dass sich bei der Hypoplasie weniger als 8 Pyramiden bzw. Papillen bilden. Diese Veränderung bringt auch ein erhöhtes Risiko für die Ausbildung von Infektionen mit sich, und die sich so bildende chronische Pyelonephritis kann zu einem Bluthochdruck führen.

I./2.4.3.: Oligohydramnion

Der Urin des Ungeborenen entleert sich in den amnialen Raum; der grösste Teil des Fruchtwassers, das zu einem ausreichenden Wachstum, zu einer ungestörten Entwicklung und für einen ausreichenden Bewegungsraum des Babys sorgt, wird aus dem Urin des Fötus gebildet. Ist zu wenig Fruchtwasser vorhanden, fehlt dem Fötus der zum Leben benötigte Raum, und das Baby wird durch die auf es wirkende Spannung der Uteruswand zusammengedrückt bzw. deformiert: es bilden sich flache Gesichts- und Schädelknochen, Papageiengesicht, inadäquat ausgebildete Kieferknochen, und wegen dem komprimierten Brustkorb eine Lungenhypoplasie, oder sogar eine Schenkelhalsdeformität bzw. deformierte Extremitäten

I./2.4.4.: Hydronephrosis congenitalis

In diesem Fall ist die Niere vergrössert, das Parenchym ist zusammengeschrumpft, und die Nierenkelche und das Nierenbecken sind erweitert und mit Urin gefüllt, weil der Übergang vom Nierenbecken in den Harnleiter (junctio pyeloureteralis seu ureteropelvicalis) verengt ist (stenosis pyeloureteralis). Diese Veränderung ist meist einseitig und kann, wenn sie bei einer Ultraschalluntersuchung rechtzeitig entdeckt wird, durch einen operativen Eingriff entfernt werden, noch bevor die Niere einen bleibenden Schaden erleidet.

I./2.4.5.: Dystopia renis

Diese Veränderung ist meist nur einseitig an der linken Niere vorhanden; die Niere sitzt tiefer als normal - zwischen dem 11. Wirbel der Brustwirbelsäule (Th-11) und dem 3. Wirbel der Lendenwirbelsäule (L-3) -, zum Teil sogar im Becken. Die Nierenarterie (A.renalis) entspringt entweder aus dem unteren Drittel der Aorta oder aus der A.iliaca. Der Harnleiter ist verkürzt, abgeknickt oder zusammengedrückt, und endet nicht anatomisch korrekt in der Harnblase. Formen der Dystopie: dystopia abdominalis (die Niere sitzt in Höhe des 2./3. Lendenwirbels); dystopia abdominalis pelvica (die Niere befindet sich in Höhe des Beckens – Promontorium); dystopia pelvica (die Niere sitzt im Becken). Sämtliche Komplikationen einer Dystopie sind auf den gestörten Urinabfluss der Niere zurückzuführen: hydroureter; hydronephros; pyelonephritis; nephrolithiasis; atrophia renis.

I./2.4.6.: Duplicatio pelvicis et ureteris

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Der Urin wird hier über 2 Nierenbecken und 2 Harnleiter aus einer Niere abgeleitet. In solchen Fällen wird die Niere durch ein Bindegewebsblatt, dass vom mittleren Drittel der Niere ausgeht und diese quer durchtrennt, in 2 Hälften aufgeteilt. Einer der beiden Ureter endet meist falsch in der Harnblase, weshalb die darüber liegenden Harnwege erweitert sind.

I./2.4.7.: Anomalien bei der Gefässentwicklung

Eine Niere wird von mehreren Nierenarterien versorgt. Abnormale Abzweigungen der Nierenarterien (Aa.aberrantes) gelangen nicht über den Nierenhilus bis an die Niere, sondern betten sich direkt in das Nierenparenchym ein. Diese Arterien können unter Umständen so ungünstig verlaufen, dass sie den Ureter verengen, und so sogar eine Hydronephrose verursachen..

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Abbildung 3: Hufeisenniere und deren Verbindungen zur Aorta: 1 Fusio renorum, 2 Aorta, 3 Ureter, 4 Uterus, 5 Ovarium, 6 Harnblase, 7 A.iliaca communis, 8 Rektum, 9 Ansicht von Vorne

I./2.4.8. : Multizystische Dysplasie im Rahmen einer Nierenfehlbildung

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Diese Fehlbildung ist auf einen Reifungsfehler der Nachniere (metanephros), der eine Umordnung der Nierenentwicklung zur Folge hat, zurückzuführen. Die multizystische Dysplasie ist die bei Kindern am häufigsten diagnostisierte zystische Nierenerkrankung, und bei Neugeborenen der häufigste Grund für einen unbekannten raumfordernden Prozess im Abdomen. Diese Veränderung ist meist einseitig, kann aber auch beidseitig vorhanden sein, und sie kann segmental oder fokal sein. Die ableitenden Harnwege können von dieser Veränderung in verschiedenster Weise, z.B. in Form einer uretero-pelvischen Obstruktion oder einer Obstruktion/Atresie des Harnleiters und der Uretra, mit betroffen sein. In anderen Organen - vor allem im Herzen - können gleichzeitig auch noch weitere Fehlbildungen vorkommen.

Das klinische Bild wird vom Ausmass der gestörten Gewebsdifferenzierung (dysplasia) und vom Grad der Verengung der ableitenden Harnwege bestimmt. Die Erkrankung kommt typischer Weise nur sporadisch vor; es kommt nur äusserst seltenen zu einer familiären Anhäufung, die dann zusammen mit der Fehlbildung noch weiterer Organe vorkommt. Makroskopisch besteht die Niere aus Blasen verschiedener Grösse und Menge; Letztere sind an ihrer inneren Oberfläche mit einem einschichtigen kubischen Epithel ausgekleidet; zwischen den Blasen befindet sich ein Gewebe, das aus unreifen Stromazellen besteht, und in dem auch dysplastische mesenchymale, inselförmige Elemente, wie z.B. Knorpel oder fibromuskuläres Gewebe, zu finden sind..

I./2.4.9.: Polyzystische Nierenerkrankungen

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Die beiden Variationen der vererbten Form dieser Erkrankung werden nach der Art der Vererbung in zwei Gruppen eingeteilt:

  • 1) autosomal dominant vererbte Form (adulter Typ), bzw.

  • 2) autosomal rezessiv vererbte Form (infantiler Typ) der polyzystischen Nierenerkrankungen.

I./2.4.9.1.: Autosomal dominante polyzystische Nierenerkrankung (adulter Typ)

Bei dieser autosomal dominant vererbten Krankheit zeigt sich eine 100%-ige Penetranz; es bilden sich in beiden Nieren immer grösser werdende Zysten, die so immer mehr vom funktionierende Nierengewebe zerstören, was schliesslich zu einer, sich meist um die 4. bzw. 5. Lebensdekade einstellenden Niereninsuffizienz führt. Diese Form der Nierenerkrankung gilt als die häufigste Erbkrankheit überhaupt, was heisst, dass sie bei 1-2 o/oo der Lebendgeborenen vorkommt, und 10% der Patienten ausmacht, die dyalisiert werden müssen bzw. denen eine Niere transplantiert werden muss.

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Beide Geschlechter sind gleich häufig betroffen; der Patient klagt i.A. über Schmerzen oder einen tastbaren Tumor in der Lendengegend, Hämaturie (Blut im Urin), über einen Bluthochdruck (Hypertonie), es kann sich dann schliesslich eine Niereninsuffizienz oder selten auch Nierensteine bilden. Der Krankheitsverlauf bezieht sich also auf beide Nieren, der Krankheitsbeginn kann aber an einer der Nieren zeitlich um einiges verschoben eintreten. Nach der Manifestation der Erkrankung zeigen sich stark vergrösserte, nicht mehr bohnenförmige Nieren, die grosse Erhebungen an der Oberfläche zeigen. Im fortgeschrittenen Stadium kann man nur noch mikroskopisch ein funktionsfähiges Nierengewebe detektieren. Die Zysten können sich aus sämtlichen Teilen der Glomerularkapsel und aus allen Abschnitten der Nierentubuli bilden, die erst als Ausstülpungen bzw. Divertikel erscheinen, und dann nach einer Weile abgeschnürt werden; danach vändert sich der Inhalt der Zysten, und sie enthalten nicht mehr das Filtrat der Glomeruli, sondern nur noch ein transepitheliales Sekret, wachsen so aber immernoch weiter.

Mikroskopisch sieht man an der Innenwand der Zysten ein flaches, einschichtiges, kubisches Epithel, und das bischen an übrig gebliebenem Nierengewebe ist vernarbt, enthält chronische Entzündungszellen und zeigt eine Tubulusatrophie. Man zählt diese Erkrankung mit Recht zu den systemischen Veränderungen, da bei über 50% der Patienten auch noch weitere Organe von zystischen Veränderungen betroffen sind, so z.B. die Leber, der Pankreas, die Milz, die Zirbeldrüse (corpus pineale), die Samenblase oder die Lunge. Es ist ausserdem interessant zu erwähnen, dass sich diese Art von Läsion auch ganz anderswo manifestieren kann, so z.B. in Aneurysmen des Gehirns oder der Koronararterien, an einer prolabierten Mitralklappe, sie kann sich aus Divertikeln des Dickdarmes oder bei malformierten Teilen des Skelettes bilden. Die Mutation der von den Eltern vererbten genetischen Veränderung befindet sich auf einem der beiden folgenden Gene: PKD1 ( 16p13.3; Häufigkeit 85-90%) oder PKD2 ( auf dem Lokus 4q13-23). Bei ca.10% der Fälle ist die Familienanamnese negativ, weil es sich um sporadische Neumutationen handelt..

I./2.4.9.2.: Autosomal rezessive polyzystische Nierenerkrankung (infantiler Typ)

Diese Form ist im Gegensatz zur autosomal dominanten Variante der Erkrankung um einiges seltener (0,05o/oo aller Lebendgeborenen), und die zystische Vergrösserung der Niere, also der raumfordernde Prozess im Bauchraum, ist schon bei Geburt eindeutig feststellbar. Ein weiterer Unterschied zur dominanten Form ist, dass ausser den beiden Nieren die Leber immer mit betroffen ist - was bei der dominanten Variante nicht unbedingt der Fall ist. Die Leber zeigt unter anderem auch eine zystische Degeneration, eine kongenitale Fibrose, Entwicklungsstörungen des biliaren Systems und eine Duktektasie, die sehr früh zu einer portalen Hypertension, zu einer Hepatosplenomegalie und zu Krampfadern in der Speiseröhre führen. All dies führt zur Ausbildung des sog. Potter-Phänotypes, der wegen einem Oligohydramnion Gesichtsdeformitäten, Fehlbildungen der Gelenke und eine Lungenhypoplasie mit sich bringt.

Bei schwerwiegenden Fällen sterben die Neugeborenen kurz nach der Geburt i.A. an einer Ateminsuffizienz.

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Überlebt ein Neugeborenes die Perinatalperiode, kommt es zu einer Niereninsuffizienz und einem systemischen, sowie zu einem portalen Hypertonus. Die Mortalitätsrate liegt perinatal bei 30-50 %, danach sinkt sie auf 5-20 % . Auch das äussere Bild der Niere ist bei dieser Form der Erkrankung anderes, als bei der dominanten Variante: die Nieren sind zwar vergrössert, sie haben aber eine typische Bohnenform. Auf der Schnittfläche sieht man erweiterte Nierenkanäle, die wegen der Flüssigkeitsretention längliche Zysten bilden, die fächerförmig vom Nierenmark bis an die Nierenrinde gelangen. Die Innenwand der Zysten besteht aus einem abgeflachten, einschichtigen, kubischen Epithel. Im Parenchym zwischen den Zysten können, je nach Schweregrad der Erkrankung, funktionierende Nephrone erhalten geblieben sein.

I./2.4.10.: Nephroblastomatosis, nephrogene Überbleibsel

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Bei dieser Veränderung handelt es sich meist um einen kongenitalen, dysontogen, nicht neoplastischen Vorgang, der in irgend einer Form doch histogenetisch mit den Wilms-Tumoren verbunden ist, da die Nephroblastomatose bei 30% der an einem Wilms-Tumor Erkrankten mit aufgezeigt werden kann; in solchen Fällen kann bei beiden Veränderungen die WT1-Genmutation nachgewiesen werden. Die Nephroblastomatose zeigt sich in Form eines oder mehrerer primitiver metanephrischer Gewebehaufen an einer oder beiden Nieren, oder sie kommt als grosse, diffuse Gewebsinseln vor, in denen das Blastem, Tubuli und auch Gewebsstroma in verschiedenem Masse vorhanden sein können; es ist ausserdem noch möglich, dass die Nephroblastomatose in Form einer Epithelzellansammlung vorkommt, die aus primitiven, aber nicht anaplastischen nephrogenen epithelialen Elementen besteht.

Last modified: Monday, 12 May 2014, 9:48 AM