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II./2.6.:Rheumatisches Fieber
II./2.6.1.: Begriffserklärung
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Das rheumatische Fieber ist eine akute Erkrankung immunpathogenetischer Herkunft, die systemisch vorkommen kann, nicht eitrig ist, und alle mesenchymalen Flächen des Körpers betreffen kann; demzufolge wird diese Erkrankung zu dem sog. Kollagenosen gezäht.
II./2.6.2.: Pathogenese
Es handelt sich hierbei um eine Kreuzreaktion des Immunsystems gegen körpereigener Strukturen (bindegewebige Elemente), die einige Wochen nach einer Infektion des Pharynx mit beta-hämolytischen Streptokokken vom Typ A.
II./2.6.3.: Typische Symptome
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Beim rheumatischen Fieber kommen folgende Symptome zusammen vor: hohes Fieber, eine Entzündung des Herzens (carditis), eine wandernde Entzündung der größeren Gelenke (polyarthritis rheumatica migrans), subkutane rheumatische Knötchen, ein roter Ausschlag auf der Haut, das sog. Erythema marginatum, und ein Chorea minor (Schleuderbewegungen). Die grösste prädiktive Bedeutung wird hierbei, wegen ihrem zusammengesetzten Charakter, der rheumatischen Herzerkrankung zugeschrieben, weil ihr Verlauf die Lebensaussichten des Patienten am meisten beeinflusst; die Herzentzündung kann aus einer Herzklappenentzündung (endocarditis valvularis rheumatica), aus einer Entzündung der Herzmuskulatur (myocarditis rheumatica) und aus einer Perikarditis (pericarditis rheumatica) bestehen. Die Form der Herzentzündung, bei der alle Strukturen betroffen sind, wird dann Pankarditis rheumatica genannt.
II./2.6.4.: Die rheumatische Herzentzündung
II./2.6.4.1.: Die rheumatische Endokarditis
In der akuten Phase der rheumatischen Endokarditis sieht man typischer Weise ein Mukopolysaccharid reiches Ödem. Am Klappenrand kann man die Auflagerung zahlreicher Perlenketten artig angeordneter, 1-2 mm grosser, weicher, bröckeliger, rötlicher Thrombozyten-Aggregate sehen (6. Makrofoto). Meist kommt es zu einer vollkommenen Heilung der Klappen. Bei einem kleinen Teil bilden sich jedoch Kapillareinsprossungen der Klappe, wodurch die chronische Phase der Erkrankung eingeleitet wird, die mit der Rekonstruierung der Auflagerung endet.
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6.Makrofoto: Auflagerung bei einem akuten Befall des Herzklappenrandes bei rheumatischem Fieber (II.Pathologisches Institut der Semmelweis Universität, Budapest)
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Die chronische Form der rheumatischen Endokarditis (endocarditis rheumatica chronica) bedeutet den Übergang in eine Vernarbung der Klappen, die auch stark verkalken können, wodurch die Klappen deformiert werden, an den Kommissuren verschmelzen, und sich also ein rheumatisches Vitium ausbildet. Topographisch sind meist die Mitralklappen befallen (70-75 %), weniger häufig ist der gemeinsame Befall der Mitralklappen und der Aortenklappen (25%) zu sehen, und der Befall der Trikuspidalklappen und der Pulmonalklappen kommt am seltensten vor. Der Übergang in eine chronische Form der rheumatischen Herzerkrankung kann Jahre lang dauernden (5-30 Jahre). Die Wahrscheinlichkeit für die Ausbildung einer chronischen Herzerkrankung nach dem akuten Befall des Herzens vom rheumatischen Fieber ist sehr wechselhaft: 18-65 %. Nach dem Erstinfekt mit rheumatischem Fieber zeigen sich oft und gerne Reinfekte, und die Veränderungen am Herzen sind nach jedem Rezidiv immer schlimmer: endocarditis rheumatica recidivans seu recurrens. So erhöhen bereits vorhandene Veränderungen an den Herzklappen (z.B. rheumatische oder degenerative Deformierung der Herzklappen, bicuspidia congenitalis) ebenfalls die Wahrscheinlichkeit einer rheumatischen Herzklappenerkrankung oder die eines Rezidives.
II./2.6.4.2.: Rheumatische Myokarditis
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Die rheumatische Entzündung der Herzmuskulatur kann auch akut oder chronisch verlaufen. Makroskopisch sieht man auf der Schnittfläche der Herzmuskulatur kaum erkennbare, winzige interstitielle Einblutungen. Mikroskopisch sind die rheumatischen Granulome (Aschoff- Knoten) ausschlaggebend. Hierbei handelt es sich um perivaskuläre Entzündungsherde, die aus Lymphozyten, Makrophagen und Plasmazellen bestehen, und in denen sich eine fibrinoide Nekrose und auch eine Kollagendegeneration ausbilden kann. Die Zellen, aus denen dieser Granulome bestehen sind die sog. Anitskov- Histiozyten, deren Chromatin im Zentrum des Zellkernes kondensiert, wodurch die Zellen wie Eulenaugen aussehen.
Ein weiterer charakteristischer Zelltyp dieser Entzündung ist die Aschoff-sche mehrkernige Riesenzelle, die aus der Verschmelzung der Anitskov-Histiozyten entstehen.
Ein rheumatisches Granulom kann sich
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- auch im Perikardium (pericarditis rheumatica) ausbilden, oft chronisch werden und vernarben, bzw.
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- in den Gelenkkapseln und den Weichteilen um die Gelenkkapsel herum vorkommen, was die morphologische Grundlage der spontan heilenden, wandernden Entzündung der Gelenke (polyarthritis migrans) ist.
II./2.6.4.3.: Komplikationen einer rheumatischen Herzentzündung
Als akute Komplikation der rheumatischen Herzentzündung kann sich eine meist tödlich endende kongestive Herzinsuffizienz ausbilden. Aus den Auflagerungen auf den Herzklappen können in der akuten Phase der Erkrankung systemische Embolien bilden. Zu den chronischen Komplikationen gehören vor allem die Vitien der Klappen, bzw. die sich daraus bildenden andauernden Rezidive an einer einmal deformierten Klappe: rezidivierende entzündliche Endokarditiden (akute Exazerbationen).
II./2.6.5.: Klinisches Bild des rheumatischen Fiebers
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((i) Es sind mehrere, 5-10mm grosse subkutane rheumatische Knötchen um die betroffenen Gelenke herum zu sehen (z.B. am Ellenbogen oder an der Patella), die sich meist an der Extensorseite bilden, und spontan wieder vergehen.
(ii) Von einer Chorea minor spricht man, wenn der Patient ungewollt-unbeeinflussbare Bewegungen der grossen Gelenke zeigt, die auch in Krämpfe oder in die Extremitäten schlenkernde Bewegungen (7A.Makrofoto) übergehen können; ätiologisch steht eine sterile Enkephalitis des Extrapyramidalbahnen im Hintergrund. Diese Erkrankung kommt typischer Weise im Kindesalter vor, ist bei Mädchen etwas häufiger, als bei Jungen, und zeigt eine spontane Heilung. An der Handschrift des betroffenen Patienten kann man das Stadium der Erkrankung ablesen; durch die Monitorisierung der Handschrift kann also der Verlauf der Erkrankung dokumentiert werden (7B-C.Makrofoto).
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7A-C.Makrofoto: A: Bei den Schleuderbewegungen der Chorea minor kann man einen Krampf der grossen Gelenke, und unbeeinflussbare, schlenkernde Bewegungen sehen, in dessen Hintergrund eine sterile Enkephalitis der Extrapyramidalbahnen steht. B-C: Durch die Monitorisierung der Handschrift des Patienten kann auf das Stadium der Erkrankung rückgeschlossen werden. Schriftbild währen der Erkrankung (B), bzw. nach der spontanen Heilung (C) (Quelle: http://images.md).
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