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I./4.4.: Diagnostik außer bildgebenden Verfahren
I./4.4.1.: EKG
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Von wenigen diagnostischen Methoden kann man sagen, wie von dem EKG, dass es seit mehr als 100 Jahren (seit 1896) einer der Basisuntersuchungen der Kardiologie geblieben ist. Es gilt besonders für den akuten myokardialen Infarkt, bei wem die Diagnose anhand einer EKG-Untersuchung gestellt wird, und anhand des ersten EKG lässt es sich über die weiteren Behandlungen des Patienten entscheiden. In den zwei grundlegenden Krankheitsgruppen sind unterschiedliche EKG Symptomen zu finden.
I./4.4.1.1.: Akutes Koronarsyndrom ohne ST-Elevation (NSTE-ACS)
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Das 12-Kanal-EKG ist ein der wichtigsten Hilfen bei der Diagnosestellung. Aufnahmen, die in der beschwerdefreien Periode gemacht wurden, helfen die Erkennung der früher stattgefundenen myokardialen Infarkten (pathologische Q-Welle). Die Diagnose eines ACS wird nahezu eindeutig durch die ändernde EKG während Beschwerdeperioden gestellt: die in zwei, zusammengehörenden Ableitungen gemessene ST-Depression (>1 mm), und die T- Negativität (>1 mm) unterstützen den ischämischen Ursprung der Beschwerden. Die während der Brustschmerzen auftretende, in den Brustableitungen gemessene tiefe, symmetrische T-Negativität kann ein Zeichnen für die kritische Stenose der LAD (Ramus interventricularis anterior) sein. In einigen Fällen vergehen die Beschwerden ohne Verbesserung in der EKG: es deutet auf eine schwere Ischämie hin (sog. stunnend=betäubtes Myokard). Ein Teil der Brustschmerzen geht mit keiner Veränderung der EKG einher, in solchen Fällen sind die extrakardialen Ursachen der Beschwerden (gastroösophageale Refluxkrankheit, Ulkus, usw.) besonders wichtig zu klären. Anderseits ist es wichtig darauf zu denken, dass eine normale EKG mit ischämischem Ursprung der Brustschmerzen einhergehen kann.
Im Hintergrund einer veränderten EKG ohne Brustschmerzen können andere Krankheiten stehen (z.B. beim Schlaganfall treten unspezifischen ST-T Wellenveränderungen auf). Beim Verdacht eines ACS kann eine kontinuierliche (in bestimmten Fällen, in den kardiologischen Wachstationen über mehreren Tagen) Überwachung (Monitoring) des ST-Segments in mehreren Kanälen nötig sein.
I./4.4.1.2. STEMI (Myokardialer Infarkt mit ST-Elevation, ST-Hebungsinfarkt)
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Die ST-Hebung während des Brustschmerzens ist das Zeichnen einer transmuralen Ischämie (z.B. Prinzmetal-Angina, myokardialer Infarkt). Ein dauerhafter (länger als 20 Minuten), typischer Brustschmerz mit der ST-Hebung der EKG eindeutig bedeutet die Diagnose des STEMI, d.h. keine weiteren diagnostischen Maßnahmen sind nötig, um die Patienten einer Reperfusionstherapie zugeführt zu werden. Die Patienten sollen (falls es möglich ist, s. später) sofort in einem Interventionszentrum transportiert werden. Wenn es innerhalb von 2 Stunden nicht möglich ist, dann ist der Beginn einer thrombolythischen Therapie begründet. Im Gegensatz zu NSTE-ACS, wo unmöglich ist, die Lokalisation der Ischämie aus der Abweichungen im EKG abzuleiten, ist es bei Bestehen einer ST-Elevation auch über die Lokalisierung ischämischer Region (anterior oder inferior) Vermutungen angestellt werden können. Bei einer inferioren Lokalisation ist immer an einen Rechtsherzinfarkt zu denken. Er kann mit Hilfe von Ableitungen aus der rechten Kammer (diese werden spiegelbildlich zu den „normalen“ Brustwandableitungen angebracht) diagnostizieren. Anatomisch begründet verursacht der komplette Verschluss des Ramus circumflexus die Ischämie der Hinterwand und so in einem Teil der Fälle erscheint im EKG in den Brustwandableitungen (V4-6) eine spiegelbildliche tiefe ST-Depression. In den ersten Minuten oder der ersten halbe bis max. 1 Stunde des Infarkts kann es vorkommen, dass noch keine ST-Elevation auftritt, nur die T-Wellen werden hoch und spitz. Falls die Patienten typische Brustschmerzen besitzen, soll man darauf denken, und die EKG in jeden 10-15 Minuten wiederholen lassen. Ein differentialdiagnostisches Problem ist die ST-Elevation in allen (also nicht nur in den zusammengehörenden) Ableitungen bei Perimyokarditis und bei typischen Fällen von Perikarditis, das häufig mit der Depression des PR-Segments einhergeht. Bei der Entscheidung zwischen akute Perikarditis und akute myokardialer Infarkt mit ST-Elevation helfen die EKG und die klinische Untersuchungen leider nicht immer. Eine negative, und deswegen „überflüssig“ durchgeführte Koronarografie ist ein wesentlich kleineres Übel als die - wegen dem Warten unter diagnostischen Zweifeln – verspätete Eröffnung der Koronarokklusion.
I./4.4.2. Labordiagnostik
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Labordiagnostik ist der unerlässliche Teil der Diagnosestellung des akuten myokardialen Infarkts. Mit laboratorischen Untersuchungen (CK/CKMB, Troponin) kann die myokardiale Nekrose, sogar seine Ausbreitung bestätigt werden. In problematischen Fällen können wir mit der Messung der LDH-Aktivität (Isoenzym 1oder 2; übrigens unspezifisch und erhöht spät) einen Anhaltspunkt für den Beginn des Infarkts bekommen. Mit Labordiagnostik können wir die den Infarkt auslösende Ursache, wie z.B. eine schwere Anämie, identifizieren oder ein Bild über seine Risikofaktoren (Glukose und Lipid Haushalt, Entzündungsmarker) bekommen. Wichtig ist für die Behandlung und Prognose, die assoziierten Krankheiten (an erster Stelle die Nieren- und Lebererkrankungen) zu erkennen.
I./4.4.2.1.: Troponin
Troponin ist heute der am meisten verbreitete Labormarker zum Nachweis des Infarkts. Troponinkomplex besteht aus drei Proteinen (Troponin I, C und T). Troponine sind Anteile der Myofibrillen der Herzmuskelzelle und steuern die Ca-regulierte Kontraktion des Aktomyosin-Komplexes. In Myokard exprimieren sich für die Herzmuskelzellen spezifische Troponine (Troponin –I und –T), die sich in ihrer Aminosäuresequenz von der der Skelettmuskulatur unterscheiden. Die Erhöhung von kardialen Troponin-I oder –T im Serum deutet auf die Schädigung der Herzmuskulatur hin. Nach der gemeinsamen Stellungnahme der Kardiologischen Gesellschaften in Europa und den Vereinigten Staaten ist das klinische Bild mit myokardialer Ischämie (Brustschmerz und ST-Elevation) und der Erhöhung des Serum-Troponinspiegels als myokardiale Infarkt zu nennen. Die Erhöhung des Troponinspiegels ist schon 3-4 Stunden nach der Nekrose, und bis 7-14 Tage noch nachweisbar.
Die Spezifizität der kardialen Troponin-I und –T sind hoch, aber muss man berücksichtigen, dass neben einem Infarkt andere Ursache eine Erhöhung des Troponinspiegels induzieren können (kardiogene und nicht kardiogene Ursachen sind z.B. Herzinsuffizienz, Rhythmusstörung, kardiotoxische Medikamente, Niereninsuffizienz, Lungenembolie, Schock, Sepsis). Troponinspiegel erhöht sich daneben bei den Patienten im kritischen Zustand. Es ist zu beachten, dass das Maß der Erhöhung des Troponinspiegels um Größenordnungen größer ist als bei akutem myokardialen Infarkt. Mit den neueren, ultrasensitiven Testen sind extrem kleine Mengen von den in die Zirkulation geratenen Troponine (T oder I) zu messen. Die sichere Negativität dieser Teste schließt mit hoher Sicherheit den akuten myokardialen Infarkt aus. Im Fall eines erhöhten Troponinspiegels ohne klinische Symptome der Ischämie sind andere ätiologische Faktoren (Myokarditis, Aortendissektion, Lungenembolie, Herz- und Niereninsuffizienz) zu suchen.
I./4.4.2.2.: Creatinkinase (CK-MB Isoenzym)
Creatinkinase-Untersuchung ist weniger sensitiv und spezifisch als die der Troponine. Creatinkinase wird 6-8 Stunden nach der Nekrose des Myokards positiv, und nach 3-4 Tagen wird ihr Serumwert normalisiert. Mit einer Reihenuntersuchung lässt sich die späte Ausbreitung einer Nekrose beurteilen. Wen eine Troponinmessung nicht zur Verfügung steht, bietet die CK-MB Konzentrationsmessung (sog. CK-MB Masse) im Serum die beste Alternative.
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