I./2.5.: Pathologie der intrakranialen Herniation

 

I./2.5.: Pathologie der intrakranialen Herniation

Dieser Vorgang muss deshalb gesondert besprochen werden, da jegliche Art der Einblutung ins Gehirn unumgänglich eine Herniation des Gehirns zur Folge hat.

I./2.5.1.: Definition und Pathomechanismus der zerebralen Herniation.

történet

Eine zerebrale Herniation) bedeutet, dass Teile des Gehirns über / durch ein knöchernes Gebilde, eine Grenze des Gehirns darstellendes Gebilde drüber / hinein gedrückt werden, und dadurch das angrenzende Gehirn komprimiert wird; der Grund für diese Verschiebung ist ein raumfordernder Prozess innerhalb des Schädels, der so das Gehirn- also den Bruchinhalt - dermassen zusammendrückt, dass sich pathologische Furchen bilden.

Die anatomische und biophysikalische Grundlage für die Herniation des Gehirns bildet die Tatsache, dass das Gehirn zu über 80 % aus Wasser besteht, das ja bekanntlich nicht komprimierbar ist; andererseits bildet die Schädelkalotte eine stabile, immobile Grenze, mit der das Gehirn felsenfest umgeben ist. Beginnt in diesem Raum ein raumfordernder Prozess (Einblut, Eiterbildung, Tumorbildung, usw.), ist die Komprimierung der bereits vorhandenen Gehirnstrukturen eine unumgängliche Folge. Die spezifische Form einer Herniation deutet darauf hin, in welchem Teilgebiet des Gehirns (Kompartment) der raumfordernde Prozess zustande gekommen ist.

Teilgebiet der des Gehirns: (i-ii) , die durch die Falx cerebri getrennten beiden Grosshirnhemisphären; (iii) , dass durch die im Kleinhirn befindliche Doppelfalte der Dura Mater gebildete Tentorium cerebelli, das einen supratentorielles von einem infratentoriellen Gebiet trennt; und (iv-vi) die drei an der Basis der Schädelkalotte befindlichen Schädelgruben, die die Schädelbasis in eine vordere, eine mittlere und eine hintere Schädelgrube (Fossa cranii anterior, media et posterior) einteilen. Ein raumfordernder Prozess kann das Gehirn an jeder Stelle von seinen Platz verdrängen, es aus seinem Abteil /Kompartment heraus schieben und in Richtung des benachbarten Gehirngewebes drücken. Die Herniation bedeutet also, dass ein Teil des Gehirns aus seiner eigentlichen Position heraus in ein benachbartes Gebiet hinein gedrückt wird (was dann so den "Bruchinhalt" darstellt), da der erhöhte Druck im Schädel das Gehirn nicht zusammendrücken, sondern nur verschieben kann.

Da die Grenzen dieser Gehirnareale immobil sind, drückt sich das Parenchym - was man bei fast jeder Sektion am pathologischen Abdruck des Foramen magnums an den Tonsillen des Kleinhirns sehen kann (6A-B. Makrofoto) - an solch eine knöcherne Wand dran, oder unter sie hinein (z.B. Falx cerebri, Tentorium cerebelli). Das heisst also, dass ein Teil des Gehirns über eine knöcherne Grenze hinweg in ein benachbartes Kompartment des Gehirns "geschoben" wird. Makroskopisch ergibt sich dann am verschobenen Teilen des Gehirns ein durch die Kompression gebildeter, pathologischer Abdruck. Die vom Tentorium verursachte Kompressionsfurche wird nach seinem Erstbeschreiber Kernohan - Furche genannt ("notch).

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6A-B.Makrofotos: Herniation des Gehirnstammes (herniatio tonsillarum cerebelli) mit Bildung der entsprechenden Furche ( II. Pathologisches Institut der Semmelweis Universität, Budapest).

I./2.5.2.: Grenzgebiete des Gehirns

fontos
  • (i) Kante der Foramen magnum;

  • (ii) freier Rand des Tentorium cerebelli;

  • (iii) freier Rand der Falx cerebri;

  • (iv) freier Rand der Keilbeinflügel (os sphenoidale), der die vordere von der mittleren Schädelgrube (scala seu fossa cranii anterior et media) trennt,

  • (v) Rand der sich selten bildende Löcher/Fehler in der Schädelkalotte (calvaria) : bei Neugeborenen und Säuglingen ist das die noch nicht verknöcherte Fontäne oder die Schädelnähte, bei Erwachsenen bilden sich diese Ränder nach Traumen oder iatrogen (Kraniotomie).

I./2.5.3.: Raumfordernde Prozesse

  • (i) Gehirnblutungen

  • (ii) Gehirntumore,

  • (iii) Hirninfarkte (infarctus anaemicus cerebri),

  • (iv) Hirnödeme (oedema cerebri).

Die Lokalisation und Ausweitung eines raumfordernden Prozesses ist massgeblich dafür, wo und wie ausgeprägt die Herniation des Gehirns wird. Ein raumfordernder Prozess, hat sich also logischer Weise immer direkt im Anschluss an das Gebiet gebildet, wo eine Herniation zu sehen ist, da das betroffene Areal das Gehirngewebe vor sich her schiebt, und es über eine knöcherne Grenze drüberstülpt. Im komprimierten Teil des Gehirns sieht man histologisch dementsprechend das Absterben der komprimierten Gehirnzellen, bzw. die Bildung eines Hirninfarktes, da die versorgenden Arterien wegen dem angestiegenen Druck komprimiert, und verschlossen worden sind; den Druckverhältnissen entsprechend bildet sich im Gehirn dann ein anämischer, oder ein hämorrhagischer Infarkt.

megjegyzés

Es ist wichtig hervorzuheben, dass ein erhöhter intrakranieller Druck fast immer mit einer Bewusstseinsstörung einhergeht. Bei einem bewusstlosen Patienten ist es sehr wichtig - natürlich nicht nur in dieser Situation - , die Pupillen miteinander zu vergleichen. Bei einer "Unkus Herniation" komprimiert der Bruchinhalt (uncus gyri hippocampi, gyrus parahippocampalis) den Nervus oculomotorius derselben Seite (ipsilateral); deshalb sieht man an der Seite, wo sich die Herniation gebildet hat, eine Erweiterung der Pupille, eine Ptose und eine Deviation des Bulbus (nach unten und aussen). Die Anisokorie (asymmetrische Pupillenweite) ist eines der ersten Zeichen eines erhöhten Gehirndrucks, was eine sofortige - wenn möglich neurochirurgische - Versorgung des Patienten nach sich ziehen sollte, wodurch das Leben eines Patienten gerettet werden kann!

I./2.5.4.: Interne Herniationen (herniationes internae)

I./2.5.4.1.: Herniation am Gyrus cingularis

ismétlés

Hierbei handelt es sich um eine Verschiebung des Stirnlappens oder des Scheitellappens einer Hemisphäre, an dessen medialer Oberfläche sich der Gyrus cinguli befindet, vor und unter die Falx cerebri. Der raumfordernde Prozess ist an derselben Hirnhemisphäre lokalisiert. Klinisch bzw. durch bildgebende Verfahren dargestellt entspricht das der Verschiebung der Mittellinie. Die um das Corpus callosum befindlichen Arterien (A. pericallosa, A. callosomarginalis) werden komprimiert, was Nekrosen in den Gebiete der Hirnrinde, die direkt an der Mittellinie liegen, verursacht. All das kann durch die zusätzliche Kompression der in den Sinus sagittalis einfliessenden Venen verschlimmert werden - was auch erklärt, warum die Infarkte des Gyrus cinguli mehr oder weniger immer hämorrhagisch sind (infarctus haemorrhagicus).

I./2.5.4.2.: Herniation innerhalb einer Schädelgrube

In diesem Falle wird die Basis des Stirnlappens, die sich an der Grenze zwischen der vorderen und der mittleren Schädelgrube befindet, vor und unter die Kante des Keilbeinflügels gedrückt. Es handelt sich um eine sehr seltene Form der Herniation, die eine relativ geringe Einkeilung am Gehirn verursacht.

I./2.5.4.3.: Tentorielle bzw. transtentorielle Herniation

Ein raumfordernder Prozess in der supratentoriellen Hirnregionen kann den Uncus gyri hippocampalis durch die Incisura tentorii cerebelli drücken. Wird die Druckerhöhung an nur einer Seite des Gehirns verursacht, so wird der Pedunculus cerebri der kontralateralen Seite gegen die freie Kante des Tentoriums gedrückt (herniatio lateralis tentorialis), und es bildet sich sowohl am Gyrus parahippocampalis als auch im Pedunculus der kontralateralen Seite ein Hirninfarkt aus.

Die Kompression der A. cerebri posterior, bzw. deren Nebenäste führt zu mehr oder weniger ausgeprägten ischämischen Veränderungen an entfernteren Teilen des Gehirns - im Hippocampus und am medialen Teil des Okzipitallappens. Die Kompression des Pedunculus cerebri der kontralateralen Seite verursacht an der selben Körperseite den Längsbahnen entsprechend hemiparetische Symptome. Der Aquaeductus cerebri wird durch den erhöhten Hirndruck ebenfalls komprimiert, was an der Störung der Liquorzirkulation (hydrocephalus internus) (7.Makrofoto) zu sehen ist.

fontos

Eine Herniatio centralis tentorialis bildet sich dann aus, wenn sich der raumfordernde Prozess in der Mittellinie befindet, oder in beiden Hirnhälften auf einmal vorkommt, d. h. bilateral ist. Ein typisches klinisches Symptom ist in diesem Falle der Schluckauf, eine Mastikation (abnormale Kaubewegungen) und mit der Zeit bildet sich eine Cheye-Stokes Atmung aus. Die fehlende Anisokorie (beide Nn.occulomotorii sind beschädigt) kann eine fälschliche Diagnosestellung verursachen, obwohl sich die Pupillen verengen können. Besteht diese Veränderung für eine längere Zeit, rutscht der Hirnstamm nach hinten ( nach kaudal und unteren), und der Rand des Tentoriums verursacht dann am Hirnstamm einen ringartigen Abdruck.

Eine über längere Zeit bestehende, schwer wiegende Herniation verschiebt das Diencephalon nach kaudal, und die Brückenregion wird dadurch auch in dieselbe Richtung verschoben. Daraus folgt, dass der gesamte Hirnstamm in eine anterior-posterior Richtung verzerrt wird ("kinking"). Wegen der relativ stabilen Befestigung der A. basilaris, werden die extrazerebralen Teile der Arterien dadurch gespannt, was die intrazerebralen Abschnitte der Arterie komprimiert. All dies hat eine Durchblutungsstörung der Brücke und des Mittelhirns zur Folge, wodurch sich mehrfache, vertikal oder schräg verlaufende, streifen- bzw. flammenartige Blutungen ergeben, die mit der Zeit zusammelnfliessen und grössere Blutlachen bilden (Duret- sche sekundäre Hirnstammblutungen). Diese Veränderung ist irreversibel und tödlich.

I./2.5.4.4.: Herniatio tonsillaris

Die Herniation der Kleinhirntonsillen kann durch eine allgemeine intrakranielle Druckerhöhung (am häufigsten durch ein Hirnödem), seltener durch einen raumfordernden Prozess in der hinteren Schädelgrube, verursacht werden (herniatio tonsillarum cerebelli) (6A-B. Makrofotos). Diese Art der zerebralen Hernie ist die einzige, die mit den externen Hernien des Gehirns gleichzustellen ist, da hier das Kleinhirn durch das Foramen Magnum, der einzigen natürlichen Öffnung des Schädels, durch die das Gehirn bei erhöhtem Druck nach aussen treten kann (hier: in Richtung des Wirbelkanals), gedrückt wird. Durch den Druck an der Kante des Foramen Magnum kommt es an der unteren Oberfläche der Kleinhirntonsillen zu einer blutigen Nekrotisierung.

Zeigt das verlängerte Mark beidseits an der Oberfläche Schnürfurchen, kann man darauf schliessen, dass das verlängerte Mark ventral verschoben worden ist (Achtung: bei einer Sektion kann eine leichte Furche auch deshalb detektiert werden, weil sich der Druck im Gehirn nach dem Tode so ändert, dass die Tonsillen an das Foramen Magnum gedrückt werden (nachdem die Blutversorgung und die Liquorzirkulation gestoppt worden ist)! Andererseits muss man darauf achten, dass eine Schürfurche am verlängerten Mark nur an frischen, 1-2 Tage alten, korrekt gekühlten Leichen beurteilt werden kann, weil sich die Furche postmortal wieder rückbildet). Die Kompression des IV. Hirnventrikels führt zu einer Störung der Liquorzirkulation, was den intrakraniellen Druck weiter erhöht. Leider liegt das Zentrum der Blutzirkulation und der Atmung eben hier, an der Basis des IV. Ventrikels, weshalb eine Herniation des Gehirns mit der Zeit dazu führt, dass die Zirkulation und die Atmung behandlungsresistent werden, die Atmung und der Kreislauf zum Stillstand kommen, und sich der Tod einstellt.

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7.Makrofoto: Ein obstruktiver Hydrocephalus internus extremen Grades, der durch den Verschluss sowohl der Hirnventrikel als auch des Aquaeductus cerebri durch ein grosses Blutgerinsel verursacht worden ist (Peter Molnár, Pathologisches Institut des OEC, Universität Debrecen).

I./2.5.5.: Herniatio externa

Bildet sich irgendwo aus irgendeinem Grund (natürlich, oder operativ/sekundär) ein Loch in der knöchernen Schädelkalotte, so kommt es zur Bildung einer pilzartigen Ausstülpung des Gehirns (fungus cerebri). An dieser Stelle muss bemerkt werden, dass solch eine Veränderungen nichts mit einer Pilzinfektion des Gehirns zu tun hat!

Utolsó módosítás: 2014. May 5., Monday, 11:53